Abstimmung mit der Schwerbehindertenvertretung
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Abstimmung mit der Schwerbehindertenvertretung im FM
Die wirksame Einbindung der Schwerbehindertenvertretung (SBV) in alle relevanten Entscheidungsprozesse ist ein Kernaspekt der inklusiven Personal- und Gebäudepolitik in Organisationen. Gerade im Facility Management (FM) – das die Gestaltung der baulichen und technischen Arbeitsumgebung umfasst – kommt der Abstimmung mit der SBV eine strategische Bedeutung zu. Gesetzliche Vorgaben wie das Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) verpflichten Arbeitgeber zu einer engen Zusammenarbeit mit der SBV, um die Teilhabe schwerbehinderter Beschäftigter am Arbeitsleben sicherzustellen. Für Führungskräfte im Facility Management bedeutet dies nicht nur die Einhaltung rechtlicher Pflichten, sondern auch die Chance, durch frühzeitige Beteiligung der SBV praxisnahe Lösungen für Barrierefreiheit und Inklusion zu entwickeln. Sie ist Ausdruck einer inklusiven Führungsphilosophie, in der Vielfalt als Bereicherung verstanden wird. Die Verzahnung von Recht, Organisation und Technik im Sinne der Inklusion erfordert zwar Umsicht und Mitteleinsatz, bringt jedoch nachhaltigen Nutzen – für die Beschäftigten, für die Organisation und für die Gesellschaft insgesamt. Führungskräfte im Facility Management, die diese Verantwortung übernehmen, leisten einen wichtigen Beitrag zu einer Arbeitswelt, in der Niemand aufgrund von Barrieren ausgeschlossen bleibt.
Rechtlicher Rahmen: Beteiligungsrechte nach SGB IX
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- Schwerbehindertenvertretung
- Umsetzungsprozess
- Relevanz
- Strategische
- Herausforderungen
- Empfehlungen
Beteiligungsrechte nach SGB IX
Der gesetzliche Rahmen für die Beteiligung der SBV ist im SGB IX, Teil 3 („Schwerbehindertenrecht“), klar definiert. § 177 SGB IX begründet zunächst die Existenz der SBV: In jedem Betrieb oder jeder Dienststelle mit wenigstens fünf schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten ist eine Vertrauensperson (SBV) zu wählen. Die SBV vertritt die Interessen der schwerbehinderten Menschen im Betrieb für eine Amtszeit von regelmäßig vier Jahren.
Zentral für die Abstimmungspflichten ist § 178 Abs. 2 SGB IX. Diese Vorschrift normiert ein umfassendes Unterrichtungs- und Anhörungsrecht der SBV in allen Angelegenheiten, die schwerbehinderte Menschen betreffen. Wörtlich heißt es: „Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören.“. Dieses Beteiligungsrecht ist bewusst sehr weit gefasst und umfasst neben personellen Maßnahmen auch organisatorische oder technische Vorhaben im Betrieb. Wichtig ist, dass die Beteiligung vor der endgültigen Entscheidungsfindung erfolgen muss, um der SBV tatsächlichen Einfluss zu ermöglichen. Wird die SBV nicht beteiligt, ist die getroffene Maßnahme rechtlich angreifbar: Das Gesetz schreibt vor, dass die Durchführung einer ohne SBV-Beteiligung getroffenen Entscheidung auszusetzen ist, bis die Anhörung nachgeholt wurde. Innerhalb von sieben Tagen muss dann die Beteiligung erfolgen, wobei die SBV notfalls im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beim Arbeitsgericht die Aussetzung erzwingen kann.
Zu den Neuerungen seit dem Bundesteilhabegesetz 2018 gehört auch, dass ein Verstoß gegen die Beteiligungspflicht nach § 178 Abs. 2 SGB IX eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Gemäß § 238 SGB IX kann eine unterlassene Anhörung der SBV mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 € geahndet werden. Diese Sanktionsmöglichkeit unterstreicht den hohen Stellenwert, den der Gesetzgeber der SBV-Beteiligung beimisst. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) präzisiert, dass die SBV nur dann zu beteiligen ist, wenn eine Angelegenheit schwerbehinderte Menschen spezifisch betrifft; betrifft eine Maßnahme alle Beschäftigten gleichermaßen (unabhängig von einer Behinderung), besteht ausnahmsweise kein separates Beteiligungserfordernis der SBV. In der Praxis wird man jedoch gerade im Facility Management häufig spezifische Belange Schwerbehinderter berühren – zum Beispiel bei baulichen Änderungen –, so dass im Zweifel stets eine frühzeitige Abstimmung mit der SBV geboten ist.
Neben § 178 SGB IX regelt § 182 SGB IX die generelle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber, SBV, Betriebsrat/Personalrat und weiteren Akteuren. § 182 Abs. 1 schreibt vor, dass Arbeitgeber, Inklusionsbeauftragter, SBV und die betrieblichen Interessensvertretungen eng zusammenarbeiten, um die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben im Betrieb oder der Dienststelle zu fördern. Abs. 2 betont den wechselseitigen Unterstützungsauftrag dieser Stellen und verweist darauf, dass die SBV („Vertrauensperson“) und der Arbeitgeber-Beauftragte als Verbindungspersonen zum Integrationsamt und zur Bundesagentur für Arbeit fungieren. § 181 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber übrigens, einen Inklusionsbeauftragten zu bestellen, der ihn in Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen verantwortungsvoll vertritt. Dieses Zusammenspiel – SBV als Interessenvertretung der Betroffenen, der Inklusionsbeauftragte als Repräsentant des Arbeitgebers, plus Betriebsrat/Personalrat als kollektive Vertretung aller Mitarbeiter – bildet das institutionelle Gerüst für Inklusion im Betrieb. Im Ergebnis stellt das SGB IX sicher, dass die SBV als eigenständiges Organ frühzeitig in alle relevanten Prozesse eingebunden wird und dadurch ihre Expertise einbringen kann.
Rolle der Schwerbehindertenvertretung als Beteiligungsorgan
Die Schwerbehindertenvertretung ist ein gesetzlich verankertes Interessen- und Beteiligungsorgan im Betrieb. Ihre zentrale Aufgabe besteht laut § 178 Abs. 1 SGB IX darin, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern und ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber und den betrieblichen Gremien zu vertreten. Die SBV agiert dabei ergänzend zum Betriebs- oder Personalrat, fokussiert jedoch spezifisch auf die Belange der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten. Sie steht Betroffenen beratend und helfend zur Seite, z. B. beim Beantragen von Leistungen zur Teilhabe oder bei Problemen am Arbeitsplatz. Dieser beratende Auftrag erstreckt sich über alle Fragen des Arbeitslebens, einschließlich solcher, die die Ausstattung des Arbeitsplatzes, Arbeitszeitregelungen oder die Inanspruchnahme von Förderleistungen (Integrationsämter, Rehabilitationsträger) betreffen.
Als unabhängige Vertrauensperson genießt die SBV einen besonderen Kündigungsschutz (§ 179 Abs. 3 SGB IX) und darf in der Ausübung ihres Amtes nicht behindert oder benachteiligt werden. Ihre Rechtsstellung ist derart ausgestaltet, dass sie auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber und in enger Kooperation mit dem Betriebsrat handeln kann. So ist die SBV etwa berechtigt, an allen Sitzungen des Betriebsrats beratend teilzunehmen (§ 178 Abs. 4 SGB IX). Auch im Arbeitsschutzausschuss (ASA), der ab 20 Beschäftigten gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 11 Arbeitssicherheitsgesetz), hat die SBV einen festen Platz: Gemäß § 178 Abs. 4 SGB IX muss die SBV zu den ASA-Sitzungen eingeladen werden und kann dort die Belange der schwerbehinderten Beschäftigten einbringen. Dies ist bedeutsam, da im ASA sämtliche Aspekte des Arbeitsschutzes beraten werden – von Gefährdungsbeurteilungen bis zur Gesundheitsprävention – und die SBV so mit darüber wachen kann, dass Arbeitsschutzmaßnahmen auch für schwerbehinderte Mitarbeiter angemessen gestaltet sind. Die SBV versteht sich somit als Sensor und Fürsprecher für Barrierefreiheit und inklusionsfreundliche Arbeitsbedingungen im Betrieb. Sie soll frühzeitig auf mögliche Probleme hinweisen, Lösungsvorschläge entwickeln und – wo erforderlich – auf die Einhaltung der zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Vorschriften drängen. Hierzu zählt etwa die Überwachung der Beschäftigungspflicht (Pflichtquote von 5 % gemäß § 154 SGB IX) sowie der Vorgaben zur behindertengerechten Arbeitsplatzgestaltung und Ausstattung.
Die SBV ist rechtlich kein reines Anhörungsorgan ohne Einfluss, sondern besitzt Initiativ- und Mitgestaltungsrechte. Ein herausragendes Beispiel ist das Recht, den Abschluss einer Inklusionsvereinbarung zu initiieren (siehe unten). Auch im Tagesgeschäft kann die SBV eigenständig tätig werden, indem sie bei den zuständigen Stellen Maßnahmen zugunsten Schwerbehinderter beantragt (z. B. behindertengerechte Umbauten, technische Hilfsmittel oder Schulungsmaßnahmen). Sie arbeitet eng mit dem Arbeitgeber-Beauftragten für Inklusion zusammen und fungiert gemeinsam mit ihm als Schnittstelle zu externen Stellen wie dem Integrationsamt. Kurzum, die SBV ist ein fest in der Betriebsverfassung verankertes Organ, das aktiv an der Gestaltung einer inklusiven Arbeitsumgebung mitwirkt. Führungskräfte im Facility Management sollten die SBV daher als kompetente Partnerin betrachten, die wertvolle Expertise zu Bedürfnissen, Einschränkungen und möglichen Barrieren im Arbeitsumfeld liefert.
Praktische Anforderungen an die Abstimmung im Planungs-, Beschaffungs- und Umsetzungsprozess
Angesichts der weitreichenden Beteiligungsrechte der SBV stellt sich die Frage, wie diese in den konkreten Abläufen des Facility Managements umzusetzen sind. Die Praxis zeigt, dass besonders in Planungsprozessen, Beschaffungsentscheidungen und Umsetzungen technischer oder organisatorischer Maßnahmen eine enge Abstimmung mit der SBV unerlässlich ist, um nachhaltige und rechtskonforme Lösungen zu erzielen.
Planungsprozesse: Bereits in der Konzept- und Entwurfsphase von Bauprojekten, Umbaumaßnahmen oder organisatorischen Veränderungen sollte die SBV eingebunden werden. Dies entspricht nicht nur der gesetzlichen Pflicht nach § 178 Abs. 2 SGB IX, sondern ist auch aus präventiver Sicht sinnvoll. Wird Barrierefreiheit von Anfang an mitgeplant, lassen sich kostspielige Anpassungen im Nachhinein vermeiden. So rät die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) in ihren Leitlinien zur barrierefreien Arbeitsgestaltung ausdrücklich, Grundsätze des barrierefreien Bauens bereits bei der Planung zu berücksichtigen, um durch vorausschauende Lösungen spätere Umbaukosten zu vermeiden. Die SBV kann in Planungsrunden darauf achten, dass bauliche Standards wie die DIN-Normen zur Barrierefreiheit (z. B. DIN 18040 für öffentlich zugängliche Gebäude) eingehalten werden. In einer Integrationsvereinbarung der Diözese Rottenburg-Stuttgart heißt es beispielhaft: „Bei Neu- und Umbauten von Gebäuden […] sind die Belange behinderter Menschen zu berücksichtigen. Bei der Bauplanung ist auf Barrierefreiheit (DIN 18024/ DIN 18040) […] zu achten.“. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie Barrierefreiheit als verbindliches Planungsziel festgelegt werden kann. Für das Facility Management bedeutet dies praktisch, die SBV frühzeitig in Projektbesprechungen einzuladen, Planungsunterlagen (Pläne, Konzepte) offenzulegen und fachliche Hinweise der SBV (etwa zu notwendigen Bewegungsflächen, Aufzugsmaßen, kontrastreicher Beschilderung etc.) zu berücksichtigen. Auch bei der Arbeitsplatzgestaltung – etwa im Zuge von Umzügen oder Umorganisationen – ist die SBV einzubinden. Sie kann beurteilen, ob vorgesehene Arbeitsräume für schwerbehinderte Kollegen geeignet sind oder Anpassungen (z. B. automatische Türöffner, abgesenkte Arbeitsflächen, spezielle Möbel) benötigen. Nicht selten ergeben sich im Planungsprozess Lösungen, die allen Beschäftigten zugutekommen (Stichwort universelles Design), wenn von Anfang an die verschiedenen Nutzungsbedürfnisse mitbedacht werden.
Beschaffungsprozesse: Technische und organisatorische Maßnahmen im FM gehen oft mit Beschaffungen einher – sei es die Anschaffung von IT-Systemen, Büromöbeln, Maschinen oder Fahrzeugen. Auch hier erstreckt sich das Beteiligungsrecht der SBV auf alle Fälle, in denen die Beschaffung schwerbehinderte Beschäftigte berührt (also ihre Nutzungsmöglichkeiten betrifft). In vielen Fällen bedeutet dies, dass die SBV bei der Spezifikation und Auswahl neuer Betriebsmittel konsultiert werden sollte. Ein prominentes Beispiel ist die digitale Barrierefreiheit: Plant ein Unternehmen etwa die Einführung eines neuen Software-Systems oder digitalen Zugangskontrollsystems, so muss gewährleistet sein, dass dieses für Mitarbeitende mit Behinderungen nutzbar ist (Stichwort: barrierefreie Informationstechnik). Die SBV hat hier ein Auge darauf, dass gesetzliche Vorgaben wie die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV, im öffentlichen Bereich) und entsprechende Standards eingehalten werden. Wiederum liefert eine Integrationsvereinbarung ein Best-Practice-Beispiel: „Das gleiche gilt bei der Anschaffung von Informationstechnik.“ – nämlich, dass bei jeder IT-Beschaffung auf Barrierefreiheit zu achten ist. In der Praxis heißt dies, dass Ausschreibungen und Lastenhefte entsprechende Kriterien vorsehen sollten (z. B. Kompatibilität mit Screenreadern, ergonomische Hardware für motorisch eingeschränkte Personen etc.). Die SBV sollte in Beschaffungsprojekten Mitglied von Projekt- oder Lenkungsausschüssen sein oder zumindest regelmäßige Abstimmungen mit dem FM-Team haben, um ihre Expertise einzubringen. So wird vermieden, dass beispielsweise ein neu angeschaffter Bürostuhl für eine Person mit Wirbelsäulenerkrankung ungeeignet ist, oder dass ein firmeneinheitliches Software-Update für blinde Beschäftigte zur Hürde wird.
Umsetzung und Betriebsphase: Ist eine Maßnahme – sei es ein Umbau oder eine veränderte Arbeitsorganisation – in der Umsetzung, bleibt die Abstimmung mit der SBV weiterhin wichtig. Änderungen können sich im Verlauf ergeben, auf die flexibel reagiert werden muss. Die SBV fungiert hierbei als Qualitätssicherung für Inklusion. Vor der Inbetriebnahme neuer baulicher Einrichtungen (z. B. eines umgebauten Eingangsbereichs oder einer neuen Maschine) sollte eine gemeinsame Begehung mit SBV, Arbeitsschutzexperten und FM-Verantwortlichen erfolgen, um eventuelle Restbarrieren aufzudecken. § 178 Abs. 2 SGB IX verlangt eine unverzügliche Unterrichtung der SBV über getroffene Entscheidungen – selbst wenn im Einzelfall keine vorherige Anhörung möglich war, muss die SBV zumindest im Nachgang umfassend informiert werden. Beispielsweise: Werden in einem Gebäude kurzfristig die Büros umorganisiert, so ist die SBV umgehend zu informieren, um etwaige Probleme (wie einen nun zu langen Flurweg für jemanden mit Gehbehinderung) ansprechen zu können. Bei personellen Einzelmaßnahmen – die hier der Vollständigkeit halber zu nennen sind – gilt ohnehin: Jede Einstellung, Versetzung oder Kündigung eines schwerbehinderten Menschen erfordert die vorherige Anhörung der SBV, sonst ist die Maßnahme unwirksam. Für das Facility Management relevant ist dies etwa bei der Versetzung von Mitarbeitenden an andere Arbeitsplätze oder Standorte: auch hier ist die SBV einzubeziehen, da die Eignung des neuen Arbeitsplatzes für den Betroffenen geprüft werden muss.
Organisatorische Änderungen: Im Rahmen des Facility Managements fallen auch organisatorische Prozesse an, etwa die Entwicklung von Evakuierungskonzepten, Reinigungs- und Wartungsplänen oder Zugangsregelungen. Solche organisatorischen Maßnahmen können schwerbehinderte Beschäftigte im speziellen Maße berühren – man denke an ein Notfallkonzept, das die Evakuierung eines Rollstuhlfahrers berücksichtigt, oder flexible Arbeitszeitmodelle für Mitarbeiter mit chronischer Erkrankung. Die SBV hat das Recht und die Pflicht, auch hier mitzuwirken. Gemäß § 178 Abs. 1 SGB IX fördert sie die Eingliederung und wacht darüber, dass die zugunsten Schwerbehinderter erlassenen Vorschriften und Vereinbarungen eingehalten werden. Bei Gefährdungsbeurteilungen nach dem Arbeitsschutzgesetz schreibt die ArbStättV vor, dass besondere Belange behinderter Beschäftigter berücksichtigt werden müssen. Die SBV sollte daher bei der Erstellung und Aktualisierung von Gefährdungsbeurteilungen konsultiert werden, um Risiken für besonders schutzbedürftige Personen zu identifizieren und geeignete Maßnahmen (z. B. besondere Alarmierungssysteme für Hörgeschädigte, ergonomische Anpassungen, zusätzliche Unterweisungen) festzulegen. Idealerweise wird die SBV auch formell in den Prozess eingebunden, etwa als Mitglied der Arbeitsschutzorganisation oder zumindest als regelmäßiger Ansprechpartner des Sicherheitsingenieurs bzw. der Fachkraft für Arbeitssicherheit. Ihre Kenntnis individueller Handicaps der Beschäftigten ermöglicht maßgeschneiderte organisatorische Vorkehrungen.
Zusammenfassend ist die Abstimmung mit der SBV im gesamten Plan-Do-Check-Act-Zyklus technischer und organisatorischer Maßnahmen zu verankern: Planen – SBV einbeziehen bei Konzeption; Durchführen (Do) – SBV informiert halten, gemeinsam umsetzen wo sinnvoll; Prüfen (Check) – SBV Feedback einholen nach Umsetzung, z. B. bei Abnahmen oder im Probebetrieb; Anpassen (Act) – aufgrund von SBV-Rückmeldungen nachsteuern. Dieses iterative Zusammenwirken stellt sicher, dass Facility-Management-Maßnahmen nicht an den Bedürfnissen schwerbehinderter Kollegen vorbeigehen, sondern von Beginn an inklusiv gestaltet sind.
Relevanz der Inklusion im Facility Management
Die gezielte Förderung von Inklusion – verstanden als umfassende Teilhabe aller Beschäftigten – ist im Facility Management nicht lediglich „nice to have“, sondern ein Qualitätskriterium moderner Arbeitswelten. Barrierefreiheit in Gebäuden und Arbeitsplätzen ist dabei ein zentrales Handlungsfeld. Sie bedeutet, dass Arbeitsumgebungen so gestaltet sind, dass sie von Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe genutzt werden können (Definition gemäß DIN 18040 sowie der gesetzlichen Regelungen).
Für Arbeitgeber besteht eine klare rechtliche Verpflichtung: Beschäftigen sie Menschen mit Behinderung, müssen sie die Arbeitsstätte so einrichten und betreiben, dass die besonderen Belange dieser Beschäftigten in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz berücksichtigt sind (§ 3a Abs. 2 Arbeitsstättenverordnung). Diese Forderung der ArbStättV konkretisiert das allgemeine Gleichbehandlungsgebot in praktische bauliche Anforderungen. Sie hat zur Folge, dass z. B. Wege, Türen, Sanitäranlagen, Kantinen oder Parkplatzbereiche entsprechend angepasst sein müssen, sobald auch nur eine schwerbehinderter Beschäftigte*r diese nutzt. Für das Facility Management heißt das, proaktiv den Status quo der Barrierefreiheit zu analysieren und kontinuierlich Verbesserungen voranzutreiben. Viele Maßnahmen – breitere Türen, Aufzüge mit ausreichend großen Kabinen, Rampen oder taktile Leitsysteme – kommen nicht nur Rollstuhlfahrern oder Blinden zugute, sondern verbessern die Ergonomie und Sicherheit insgesamt (Stichwort Design für Alle). Nicht zuletzt erfordert auch die demografische Entwicklung (älter werdende Belegschaften) zunehmend eine barrierearme Gestaltung der Arbeitsplätze. Die SBV fungiert hier als wichtiger Impulsgeber und Kontrollinstanz. Ihre Einbindung stellt sicher, dass Inklusion nicht abstrakt bleibt, sondern im Gebäude- und Arbeitsplatzmanagement verankert wird.
Beispiel für bauliche Inklusion: Ein barrierefreier Rampenaufgang an einem historischen Gebäude ermöglicht auch mobilitätseingeschränkten Personen einen gleichberechtigten Zugang. Frühzeitige Planung solcher Lösungen im Facility Management vermeidet teure Nachrüstungen und signalisiert die Wertschätzung der Vielfalt.
Neben der baulichen Barrierefreiheit gewinnt die digitale Barrierefreiheit im Zeitalter vernetzter Gebäude (Stichwort Smart Building) zunehmend an Bedeutung. Moderne Facility-Management-Systeme beinhalten digitale Zugangskontrollen, Raumreservierungssysteme, Kommunikationsplattformen und Assistenzsysteme (z. B. digitale Gebäudeführer, Notfall-Apps). Diese müssen so gestaltet sein, dass auch Beschäftigte mit sensorischen oder kognitiven Einschränkungen sie bedienen können. Digitale Assistenzsysteme am Arbeitsplatz – z. B. Spracherkennungssoftware, Screenreader, barrierefreie Intranet-Plattformen oder intelligente Prothesen und Exoskelette – eröffnen neuen Spielraum, um Mitarbeiter*innen mit Behinderung gleichzustellen. Allerdings müssen solche Technologien gezielt implementiert und deren Beschaffung gut überdacht werden. Das Facility Management sollte hier eng mit der IT-Abteilung und der SBV kooperieren.
Ein Beispiel: Wenn ein neues sicherheitstechnisches System eingeführt wird (etwa ein Evakuierungsalarm via Smartphone-App), muss geprüft werden, ob es für hörgeschädigte oder sehbehinderte Beschäftigte nutzbar ist – ggf. sind alternative Signalwege (visuelle Signale, Vibrationsalarm) bereitzustellen. Die SBV kann aus praktischer Erfahrung oft Hinweise geben, welche digitalen Hilfsmittel im konkreten Arbeitsalltag benötigt werden. Projekte wie “Digitale Assistenzsysteme zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung” zeigen, dass mit moderner Technik viele Barrieren abgebaut werden können, aber die Einbindung der Betroffenen in Entwicklungs- und Einführungsprozesse erfolgsentscheidend ist. Inklusion im FM bedeutet hier, digitale Transformation konsequent inklusiv zu denken.
Insgesamt trägt eine inklusive Ausrichtung des Facility Managements erheblich zur Unternehmenskultur bei. Barrierefreie Gebäudeplanung, angepasste Arbeitsplatzgestaltung und die Bereitstellung geeigneter Hilfsmittel schaffen nicht nur Gleichstellung, sondern verbessern auch die allgemeine Usability der Arbeitsumgebung. Unternehmen, die in diesem Bereich vorangehen, berichten häufig von positiven Effekten auf Motivation und Loyalität ihrer Mitarbeitenden – mit und ohne Behinderung. Zudem erfüllt ein inklusives FM die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (insb. Art. 9 Barrierefreiheit und Art. 27 Arbeit und Beschäftigung), deren Prinzipien in Deutschland auf betrieblicher Ebene durch SBV und Betriebsrat mit Leben gefüllt werden. Für Führungskräfte im Facility Management ist es daher unerlässlich, Inklusion als Qualitätsmerkmal ihrer Arbeit zu verstehen und aktiv mit der SBV zusammenzuwirken, um die Arbeitswelt für alle Beschäftigten zugänglich und produktiv zu gestalten.
Strategische Einbindung der SBV in betriebliche Prozesse
Inklusionsvereinbarung (Integrationsvereinbarung): Ein zentrales strategisches Instrument ist der Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber, SBV und Betriebsrat/Personalrat, in der Ziele und Maßnahmen der Inklusionsförderung festgehalten werden. § 166 SGB IX verpflichtet Arbeitgeber ausdrücklich zum Abschluss einer solchen Inklusionsvereinbarung; auf Verlangen der SBV muss der Arbeitgeber Verhandlungen hierüber aufnehmen. In der Inklusionsvereinbarung werden z. B. Ziele für die Personalplanung (etwa bevorzugte Berücksichtigung schwerbehinderter Bewerber bei Stellenausschreibungen), die Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitsorganisation festgelegt. Für das Facility Management besonders relevant sind Regelungen zur barrierefreien Gestaltung des Arbeitsumfelds, zur technischen Ausstattung und zur Beschaffung (z. B. Verpflichtung, nur barrierefreie IT zu beschaffen, vgl. oben). Ebenso können in der Vereinbarung Verfahren definiert werden – etwa dass die SBV bei jeder Umbauplanung automatisch frühzeitig eingebunden wird, oder dass regelmäßige Abstimmungsrunden zwischen SBV und FM-Abteilung stattfinden. Wichtig ist zudem die Vereinbarung von Kompetenzen und Prozessen: § 166 Abs. 2 SGB IX fordert, dass geregelt wird, wie die Inklusionsvereinbarung durchgeführt wird, inklusive der Formen der Zusammenarbeit und Verbindlichkeit von Entscheidungen. Das schafft Klarheit: Beispielsweise kann festgeschrieben werden, dass ein Beschluss des Arbeitsschutzausschusses zu baulichen Änderungen der Zustimmung der SBV bedarf, sofern schwerbehinderte Belange tangiert sind. Eine gute Inklusionsvereinbarung wird im Konsens erarbeitet; hier kann das Integrationsamt moderierend helfen. Für die Leitung des Facility Management bietet die Vereinbarung den Vorteil, einen klaren Handlungsrahmen zu haben und im Unternehmenskontext verankert zu sein. Ein gelebtes Beispiel: Bei Microsoft Deutschland existiert eine Betriebsvereinbarung „Integrationsvereinbarung“, die als Grundlage für die SBV-Arbeit dient. Dort ist u. a. ein spezieller Hilfsmittel-Prozess mit separatem Budget vereinbart, und es werden regelmäßige Informationsrunden („Informations-Calls“) für alle schwerbehinderten Beschäftigten durchgeführt. Diese Maßnahmen wurden von der Unternehmensleitung unterstützt und institutionalisieren die SBV-Einbindung strategisch.
Betriebs- und Dienstvereinbarungen: Neben der speziellen Inklusionsvereinbarung sollte die SBV bei allen allgemeinen Betriebsvereinbarungen, die Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen haben, beteiligt sein. Zwar werden Betriebsvereinbarungen formal zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossen, doch der SBV kommt hier ein Initiativ- und Mitberatungsrecht zu. Beispielsweise bei Regelungen zur Mobilarbeit/Home Office, zu Schichtplänen oder Arbeitszeitkonten kann die SBV darauf hinwirken, dass die Belange Schwerbehinderter (etwa Bedarfe nach bestimmten Pausenregelungen aus gesundheitlichen Gründen) berücksichtigt werden. Strategisch sinnvoll ist es, die SBV bereits bei der Erarbeitung solcher Vereinbarungen in die Arbeitsgruppe aufzunehmen. So können potentielle Probleme früh erkannt werden. Ebenso wichtig ist die SBV-Beteiligung an Gefährdungsbeurteilungen und Arbeitsschutzprozessen, die oft in Form von Betriebsvereinbarungen oder Dienstvereinbarungen konkretisiert werden. Etliche Unternehmen haben Regelungen zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen, in denen festgeschrieben ist, dass die SBV in jede Beurteilung einzubeziehen ist und dass besondere Gefährdungen behinderter Beschäftigter separat erfasst werden. Die DGUV empfiehlt explizit, die SBV gleichberechtigt im Arbeitsschutzausschuss mitwirken zu lassen und die Kommunikation zwischen SBV, Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft und FM-Management zu institutionalisieren. Dadurch wird Arbeitsschutz inklusiv gestaltet – ein Gewinn an Sicherheit für alle.
Umbau- und Bauprojekte: Strategisch sollte das Facility Management bei baulichen Projekten feste Schnittstellen zur SBV definieren. So kann z. B. ein SBV-Vertreter im Projektteam sein oder zumindest ein standardisierter „Prüfpunkt SBV“ in jeder Projektphase vorgesehen werden (Planung, Vorabnahme, Endabnahme). Einige Organisationen etablieren interne Checklisten für Bauprojekte, die einen Abschnitt „Belange schwerbehinderter Menschen“ enthalten – mit konkreten Prüffragen (wie: Wurde SBV am [Datum] beteiligt? Liegen Anforderungen bzgl. Barrierefreiheit vor?). Solche Mechanismen zwingen dazu, SBV-Themen nicht zu übergehen. Des Weiteren kann die SBV in allen Beschaffungsprozessen über einer bestimmten Größenordnung (z. B. Investitionen über X Euro oder Beschaffung standardisierter Arbeitsplatzausstattung) systematisch konsultiert werden. Einige Inklusionsvereinbarungen sehen vor, dass die SBV ein Vetorecht hat, wenn bestimmte Ausstattung für einen schwerbehinderten Mitarbeitenden ungeeignet ist – dann muss der Arbeitgeber eine Alternative prüfen. Zwar mag dies aus Sicht des Managements als zusätzliche Hürde erscheinen, doch verhindert es letztlich Fehlinvestitionen und sichert die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen.
Schulung und Sensibilisierung: Ein oft unterschätzter Aspekt strategischer SBV-Einbindung ist die Qualifizierung von Führungskräften und Mitarbeitern im Facility Management für Inklusionsbelange. Die beste Barrierefreiheit nützt wenig, wenn Führungskräfte nicht wissen, wie sie die SBV effektiv einbeziehen sollen. Integriert man die Thematik jedoch in Führungskräfteschulungen oder FM-Fachtagungen, steigt das Bewusstsein. Beispielsweise können Seminare zum Thema “Barrierefreies Bauen und Arbeitsplatzgestaltung” angeboten werden, bei denen SBV-Vertreter gemeinsam mit Fachplanern Best Practices vermitteln. Auch ein regelmäßiger Austausch zwischen der SBV und dem FM-Team – etwa quartalsweise Treffen zur Durchsprache geplanter Änderungen – ist sinnvoll. Strategisch sollte die SBV als Partner auf Leitungsebene etabliert sein: das heißt, sie wird in relevante Entscheidungsgremien eingeladen (z. B. an den Runden Tisch bei betrieblichen Reorganisationsprojekten oder Raumplanungsrunden) und erhält Zugang zu Informationen frühzeitig und umfassend (beispielsweise Gebäudenutzungspläne, Evaluierungen der Arbeitsplatzsituation etc.). In Unternehmen, die Inklusion vorbildlich leben, sitzt die SBV oft mit im Facility-Ausschuss oder ähnlichen Steuerungsgruppen.
Letztlich zahlt sich eine solche institutionalisierte Zusammenarbeit aus: Entscheidungen werden fundierter, da die Expertise der SBV einfließt, und das Unternehmen vermeidet nicht nur Rechtsverstöße, sondern gewinnt an Reputation als inklusiver Arbeitgeber.
Herausforderungen und Best-Practice-Beispiele aus der Praxis
Herausforderungen: In der Praxis stellt sich bisweilen ein Zeit- und Effizienzdilemma: Projektverantwortliche im Facility Management stehen unter Druck, Maßnahmen schnell umzusetzen, und empfinden die Beteiligung mehrerer Gremien (Betriebsrat, SBV, ggf. Personalrat und Fachabteilungen) als verzögernd. Tatsächlich kann eine fehlerhafte oder verspätete Beteiligung der SBV den Prozess jedoch deutlich stärker verzögern – nämlich dann, wenn Entscheidungen wegen Verletzung von Anhörungsrechten rückgängig gemacht oder ausgesetzt werden müssen. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Ein Arbeitgeber setzte eine Umsetzungsentscheidung (Versetzung) um, ohne die SBV anzuhören; später stellte sich heraus, dass derdie betroffene Mitarbeiterin schwerbehindert ist. Die SBV klagte und das Arbeitsgericht ordnete an, die Maßnahme bis zur ordnungsgemäßen Beteiligung auszusetzen. Dies führte zu beträchtlichen Verzögerungen und Unruhe im Betrieb. Die Lehre daraus ist, dass ignorierte Beteiligungsrechte letztlich teurer und zeitraubender sind als eine von Anfang an eingeplante Abstimmung. Eine weitere Herausforderung liegt in der Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen SBV und Betriebsrat. Mitunter besteht Unsicherheit, wer für welche Themen primär zuständig ist – z. B. bei Restrukturierungen: Der Betriebsrat verhandelt Interessenausgleich und Sozialplan, während die SBV formal kein Teilnahmerecht an diesen Verhandlungen hat. Allerdings muss der Arbeitgeber die SBV parallel über die Auswirkungen der Restrukturierung auf schwerbehinderte Menschen unterrichten und anhören. Fehlt dieses parallele Informationsmanagement, können Konflikte entstehen oder wichtige Aspekte (z. B. innerbetriebliche Umsetzungen von schwerbehinderten Beschäftigten) übersehen werden. Die Herausforderung für das Management besteht darin, beide Gremien – Betriebsrat und SBV – koordiniert einzubeziehen, ohne Widersprüche oder Redundanzen zu erzeugen. Hier hilft es, klare Prozesse intern aufzusetzen (wer informiert wen, in welcher Reihenfolge, mit welchen Unterlagen). Ein weiterer Punkt ist die mögliche Unterschätzung der SBV-Kompetenz: In manchen Betrieben wird die SBV unbewusst als „kleine Schwester des Betriebsrats“ gesehen und nicht ernsthaft in strategische Diskussionen einbezogen. Dies kann zu Frustration auf Seiten der SBV führen und die Zusammenarbeit belasten. Das Beispiel eines Praxisratgebers formuliert es so: „Die SBV wird nie überflüssig werden, doch bei veränderter Haltung – einer Bereitschaft zu mehr Inklusion im Kopf – mag sie eines Tages viel weniger eingreifen müssen.“. Damit ist gemeint, dass viele Probleme gar nicht erst entstehen, wenn Führungskräfte Inklusion verinnerlicht haben. Diese Haltungsänderung ist jedoch ein Prozess und bis dahin bleibt es eine Herausforderung, die SBV als gleichrangigen Player zu etablieren.
Best-Practice-Beispiele: Trotz der genannten Schwierigkeiten gibt es zahlreiche positive Beispiele gelungener SBV-Einbindung. Eines ist der bereits erwähnte Technologiekonzern Microsoft Deutschland. Dort war die SBV lange als isolierte Institution tätig. In den letzten Jahren wurde jedoch bewusst eine Öffnung betrieben: Die SBV ist heute „kein geschlossener Teil der Organisation mehr“, sondern in viele Personal- und FM-Prozesse integriert. Konkret wurde eine umfassende Integrationsvereinbarung abgeschlossen, welche u. a. den genannten Hilfsmittel-Prozess mit separatem Budget regelt. Das bedeutet, dass benötigte technische Arbeitshilfen (von ergonomischen Bürostühlen bis zu Spezialsoftware) unbürokratisch beschafft werden können, ohne dass lange Abstimmungen über Kosten nötig sind – ein Punkt, der in vielen Betrieben sonst Spannungen verursacht. Zudem organisiert Microsoft regelmäßige Informationsveranstaltungen („Calls“) für schwerbehinderte Mitarbeitende, in denen die SBV und Vertreter des FM und HR aktuelle Themen besprechen. Dieser direkte Draht hat zwei Effekte: Zum einen fühlen sich die Betroffenen ernst genommen und informiert, zum anderen erfährt die SBV früh von möglichen Problemen (etwa einem defekten automatischen Türöffner oder einer unzureichenden Beleuchtung) und kann deren Behebung anstoßen, oft bevor es zu offiziellen Beschwerden kommt. – Ein anderes Best-Practice-Beispiel liefert die Rewe-Gruppe: In einigen ihrer Märkte (etwa den Rewe-Filialen Hegemann in Düsseldorf) wird Inklusion aktiv gelebt, was 2024 mit dem Inklusionspreis der Wirtschaft ausgezeichnet wurde. Dort sind zweistellige Anzahlen von Kollegen mit Behinderung beschäftigt, und der Marktleiter betont, dass das gelebte Konzept auch das Betriebsklima verbessert hat. Hinter solchen Erfolgen steht fast immer auch eine funktionierende SBV, die mit der Markt- oder Standortleitung Lösungen fand, z. B. Arbeitszeiten flexibel anzupassen oder spezielle Arbeitsmittel bereitzustellen. Zwar wird in der Berichterstattung meist der Arbeitgeber hervorgehoben, doch im Hintergrund wirken SBV und Integrationsfachdienste oft entscheidend mit. Ein weiteres gutes Beispiel sind öffentliche Arbeitgeber wie etwa die Stadtverwaltungen, die in ihren Inklusionsvereinbarungen detaillierte Vereinbarungen haben: So gibt es Verwaltungen, die klar regeln, dass bei jeder Gebäudereinigungsausschreibung die SBV beteiligt wird, um sicherzustellen, dass z. B. Reinigungszeiten nicht während der Kernarbeitszeit liegen, was für manche Schwerbehinderte (mit längerem Arbeitsweg oder bestimmten Medikationstakten) relevant sein kann. Oder es werden Integrationsprojekte im FM initiiert, wo Menschen mit Behinderung bewusst Arbeitsfelder im Gebäudemanagement übernehmen (etwa als Hausmeisterhelfer, Gartenpfleger); die SBV begleitet solche Projekte häufig in Kooperation mit dem Integrationsamt.
In Summe zeigen Best Practices: Ein strukturiertes Vorgehen und eine Kultur des Vertrauens sind Schlüsselfaktoren. Die Unternehmen, die hier erfolgreich sind, zeichnen sich dadurch aus, dass sie feste Prozesse (wie regelmäßige Treffen, Vereinbarungen, Checklisten) etabliert und gleichzeitig eine offene Kommunikationskultur gepflegt haben. SBV und Facility Management begegnen sich auf Augenhöhe und verfolgen ein gemeinsames Ziel: die optimale Gestaltung der Arbeitsumgebung für alle Mitarbeitenden. Dadurch werden Konflikte minimiert und Chancen – wie Fördermittel für behindertengerechte Umbauten oder technische Innovationen – effizient genutzt.
Empfehlungen für ein strukturiertes Vorgehen (Leitung Facility Management)
Frühzeitige Einbindung sicherstellen: Implementieren Sie interne Prozesse, die garantieren, dass die SBV von Beginn an in alle relevanten Projekte involviert wird. Zum Beispiel kann festgelegt werden, dass kein Umbauprojekt in die Ausführungsplanung geht, bevor nicht eine SBV-Stellungnahme vorliegt. Nutzen Sie Checklisten oder Freigabevermerke („SBV angehört am: …“), um dies verbindlich zu machen. Eine frühe Einbindung erhöht die Akzeptanz von Maßnahmen und verhindert kostspielige Planungsfehler.
Institutionalisierte Kooperation aufbauen: Etablieren Sie regelmäßige Treffen zwischen Facility Management, SBV und ggf. dem Inklusionsbeauftragten. Ein monatliches Jour fixe kann dazu dienen, geplante Veränderungen im Gebäudebereich durchzusprechen und von SBV-Seite Input einzuholen, bevor Entscheidungen fallen. Idealerweise wird die SBV auch in strategische FM-Gremien (z. B. Immobilienstrategie-Runden, Arbeitsschutzausschuss) als festes Mitglied oder beratendes Mitglied aufgenommen. So erfährt sie früh von Vorhaben und kann proaktiv mitgestalten.
Rechtskonformität und Dokumentation: Achten Sie strikt darauf, die gesetzlichen Vorgaben (insb. § 178 Abs. 2 SGB IX) einzuhalten, und dokumentieren Sie die SBV-Beteiligung sorgfältig. Im Streitfall (etwa bei einer Kündigung oder einer Umsetzungsmaßnahme) dient eine nachweisbare Anhörung der SBV nicht nur der Rechtssicherheit, sondern schützt auch vor unwirksamen Maßnahmen oder Bußgeldern. Entwickeln Sie am besten einen Standard für Anhörungsschreiben an die SBV, der alle erforderlichen Informationen enthält (Sachverhalt, Betroffene, Auswirkungen, Frist zur Stellungnahme). Zeigen Sie außerdem eine offene Haltung gegenüber Nachfragen der SBV und beantworten Sie diese umfassend – das Gesetz verlangt „umfassende“ Unterrichtung.
Inklusionsvereinbarung abschließen und umsetzen: Wenn noch nicht vorhanden, initiieren Sie gemeinsam mit SBV und Betriebsrat den Abschluss einer Inklusionsvereinbarung (§ 166 SGB IX). Darin sollten spezifische Belange des Facility Management verankert werden, z. B. „Barrierefreie Gestaltung von Neu- und Umbauten nach DIN-Norm“, „Verfahren bei Beschaffung von Ausstattung – SBV-Beteiligung obligatorisch“, „Notfall- und Evakuierungskonzepte unter Berücksichtigung behinderter Beschäftigter“. Nutzen Sie diese Vereinbarung als Fahrplan und überprüfen Sie regelmäßig gemeinsam die Umsetzung. Die Inklusionsvereinbarung kann als Kooperationsvertrag dienen, der Rollen und Pflichten aller Beteiligten klärt – einschließlich der Leitung FM.
Wissen und Sensibilisierung fördern: Stellen Sie sicher, dass in Ihrem Team das notwendige Know-how zu Barrierefreiheit und Inklusion vorhanden ist. Bieten Sie Schulungen an (ggf. unter Mitwirkung der SBV oder externer Experten) zu Themen wie “Barrierefreie Arbeitsstätten (ASR V3a.2)”, “Ergonomische Hilfsmittel für verschiedene Behinderungsarten” oder “Gesetzliche Pflichten des Arbeitgebers im Schwerbehindertenrecht”. Sensibilisierte Mitarbeitende im FM erkennen selbst eher Handlungsbedarf – z. B. wenn ein automatischer Türschließer zu schnell schließt – und können früh gegensteuern. Dies entlastet die SBV und schafft eine gemeinsame Verantwortungsbasis.
Offene Kommunikationskultur pflegen: Fördern Sie einen vertrauensvollen Dialog mit der SBV. Probleme im Bereich FM (wie Zugangsbarrieren, Raumklima, Beleuchtung) werden von Betroffenen oft zuerst der SBV mitgeteilt. Ermutigen Sie die SBV, solche Anliegen frühzeitig an Ihr Team heranzutragen, und reagieren Sie konstruktiv. Vermeiden Sie eine Abwehrhaltung („jetzt kommt die SBV schon wieder mit Sonderwünschen“); bedenken Sie, dass die SBV gesetzlich verpflichtet ist, Missstände anzusprechen. Eine Kultur, in der SBV-Feedback als Chance zur Verbesserung gesehen wird, führt langfristig zu einer inklusiveren und produktiveren Arbeitsumgebung. Die Führungskraft im FM sollte hier Vorbild sein und deutlich machen, dass Inklusion Chefsache ist.
SBV als Partner in Veränderungen betrachten: Bei größeren Restrukturierungen oder Change-Projekten im Unternehmen (z. B. Einführung neuer Bürokonzepte, Arbeitsplatzabbau, Standortverlagerungen) sollte die SBV von Anfang an „mit am Tisch“ sitzen, sofern Schwerbehinderte betroffen sein könnten. Auch wenn formal die SBV nicht in jede Verhandlung gehört, kann es unternehmenspolitisch ratsam sein, sie freiwillig einzubeziehen. Dies erhöht die Transparenz und Vertrauen. Beispielsweise könnte man die SBV bei der Planung einer neuen Zentrale früh mit einbeziehen, damit sie Hinweise zur barrierefreien Gestaltung gibt, noch bevor Architekten weit fortgeschritten sind. Die SBV kann zudem Multiplikator sein, indem sie schwerbehinderten Beschäftigten Veränderungen erklärt und Ängste nimmt – vorausgesetzt, sie war selbst von Anfang an informiert.
Netzwerke und Ressourcen nutzen: Nutzen Sie die Expertise externer Stellen. Die Integrationsämter bieten Beratung und ggf. finanzielle Förderung für bauliche Maßnahmen oder technische Arbeitsmittel (aus der Ausgleichsabgabe finanziert). In Abstimmung mit der SBV können hier Zuschüsse für z. B. barrierefreie Sanitäranlagen, Aufzüge oder IT-Hilfsmittel beantragt werden. Auch Organisationen wie die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) stehen zur Verfügung, um inklusionswillige Arbeitgeber zu unterstützen. Für das FM bedeutet dies, dass man innovative Lösungen (z. B. höhenverstellbare Werkbänke, spezielle Hebehilfen) oft mit Förderung beschaffen kann – vorausgesetzt, man plant sie in Abstimmung mit der SBV früh ein. Lassen Sie sich von erfolgreichen Projekten inspirieren: Branchenverbände und Fachmedien (z. B. Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter, Zeitschrift „ZB Behinderung & Beruf“) veröffentlichen regelmäßig Praxisbeispiele und prämieren inklusionsfreundliche Betriebe. Diese Informationen können helfen, eigene Maßnahmen weiterzuentwickeln.
Monitoring und kontinuierliche Verbesserung: Setzen Sie ein einfaches Monitoring auf, wie die SBV-Beteiligung verläuft. Führen Sie vielleicht ein Register: Wie viele FM-Maßnahmen gab es im letzten Jahr? Wurde in X % die SBV ordnungsgemäß beteiligt? Gab es Beanstandungen? Holen Sie Feedback von der SBV ein, ob sie sich ausreichend einbezogen fühlt oder wo es hakt. Dieses Feedback kann in jährlichen Strategiegesprächen (z. B. im Rahmen der Inklusionsvereinbarungs-Überprüfung) ausgewertet werden. So können Sie Ihren Prozess iterativ verbessern.
Folgt man diesen Empfehlungen, so wird aus der gesetzlich gebotenen Abstimmung mit der SBV ein integraler Bestandteil des Facility Managements. Führungskräfte, die dies verinnerlichen, berichten von Win-win-Effekten: Maßnahmen im Gebäude funktionieren für alle besser, Entscheidungen werden sorgfältiger getroffen, und schwerbehinderte Beschäftigte erleben echte Teilhabe. Zudem schützt man sich vor rechtlichen Fallstricken. Praxistipp eines Arbeitsrechts-Blogs: „Arbeitgeber tun gut daran, bei der Vorbereitung und Planung von Restrukturierungen frühzeitig auch die Beteiligung der SBV zu berücksichtigen. […] Hierdurch können neben einer Erhöhung der Akzeptanz insbesondere auch Verzögerungen im Zeitplan und Bußgeldzahlungen vermieden werden.“. Diese Aussage lässt sich verallgemeinern: Durch konsequente SBV-Einbindung gewinnt man an Legitimation und vermeidet Ineffizienz.