Inklusive Arbeit – umfassendes Konzept, Kalkulation & Umsetzung
Facility Management: Inklusion » Beschäftigung » Erstellung eines Betriebskonzepts für einen neuen Standort » Kalkulation
- Zielbild
- Einsatzbereiche
- Umsetzungsmodelle
- Förderinstrumente
- Rechtlicher
- Beispielkalkulation
- Implementierungsfahrplan
- Qualitätsmanagement
- Mehrwerte
- Fazit
Grundidee & Zielbild
Menschen mit Behinderung werden über externe Dienstleister in den Betriebsalltag integriert.
Ziele: soziale Teilhabe, Fachkräfteentlastung, Kostenoptimierung, Erfüllung gesetzlicher Quoten und CSR/ESG‑Stärkung.
Externe Modelle vermeiden Personalrisiken und nutzen zugleich staatliche Förderinstrumente (Lohnzuschüsse, Ausgleichsabgabe‑Anrechnung, Jobcoaching)
Einsatzbereiche (vollständige Übersicht)
Cluster | Typische Aufgaben für inklusive Teams | Geeignete Dienstleister |
---|---|---|
Facility & Reinigung | Büro‑ und Hallenreinigung, Sanitärservice, Teppich‑ und Glasreinigung | WfbM‑Reinigungsteams · Inklusionsunternehmen Gebäudereinigung |
Grünanlagen & Außenservice | Rasen, Beetpflege, Heckenschnitt, Wegereinigung, Winterdienst | Inklusiver GaLa‑Betrieb · WfbM‑Außenarbeitsgruppe |
Logistik & Lager | Kommissionierung, Warenein‑/‑ausgang, Verpacken, innerbetriebliche Transporte | WfbM‑Kommissionierungsgruppe · Integrations‑Spedition |
Montage & Qualität | Vormontage einfacher Baugruppen, Sicht‑/Funktionskontrolle, Nachbearbeitung | Werkstatt-Auftrag oder Inklusionsfertigung |
Digitalisierung | Scannen, OCR, Daten‑/Rechnungserfassung, Archivierung | Blinden‑ oder WfbM‑Scancenter |
Post & Kurierdienst | Sortierung, Verteilung, Botengänge, Kurierfahrten auf dem Werksgelände | Außenarbeitsgruppe WfbM |
Entsorgung & Recycling | Wertstoffsortierung, Leergut‑Management, Shreddern, Betrieb Wertstoffhof | Integrationsbetrieb Entsorgungsservice |
Betriebsgastronomie | Spülküche, Essensausgabe, Kasse, leichte Vorbereitungsarbeiten | Inklusionscateringbetrieb |
Empfang & Service | Gästeempfang, Telefonzentrale, Ausweise, Wegauskunft (in Teilfunktion) | Integrationsprojekt Empfangsdienste |
Interne Dienste | Kopier‑/Druckstelle, Büromaterial, Archiv‑umschichtung, Konferenzservice | WfbM‑Büroservice |
Wäscherei & Textil | Reinigung Arbeitskleidung, Mattenservice, Wischmoppaufbereitung | Werkstatt‑Wäscherei |
Umsetzungsmodelle (extern)
Modell | Kernaussage | Typische Verträge | Besonderheiten |
---|---|---|---|
Werkstattkooperation | Auftragsvergabe an anerkannte WfbM | Dienst‑/Werkvertrag | 50 % Arbeitsanteil anrechenbar auf Ausgleichsabgabe |
Außenarbeitsgruppe (WfbM) | 6‑10 Werkstattbeschäftigte + Gruppenleiter arbeiten dauerhaft im Betrieb | Kooperationsvertrag | Beschäftigte bleiben WfbM‑angestellt; ggf. Anrechnung als Pflichtplätze |
Inklusionsunternehmen | Firma mit 30–50 % Schwerbeh. Personal übernimmt komplette Leistung | Dienstleistungsvertrag | Preise marktüblich; Zuschüsse senken Kalkulationsbasis |
Budget für Arbeit (Option) | Übernahme einzelner Werkstattkräfte in reguläre Anstellung mithilfe Lohnzuschuss bis 75 % | Arbeitsvertrag (direkt) | Ergänzung, wenn Pilotkräfte dauerhaft bleiben sollen |
Integrationsprojekt (Joint Venture) | Gründung eines gemeinsamen Unternehmens (Industrie + Sozialträger) | Gesellschaftervertrag | Dient oft der Fertigung oder Logistik; profitiert von Förderdarlehen & Zuschüssen |
Förderinstrumente im Überblick
Instrument | Adressat | Inhalt | Wirkung auf Kosten |
---|---|---|---|
Ausgleichsabgabe‑Anrechnung § 223 SGB IX | Auftraggeber | 50 % der Werkstatt‑Arbeitsleistung vom Abgabebetrag abziehbar | Senkt faktisch Rechnungskosten |
Lohnkostenzuschuss „Budget für Arbeit“ (§ 61 SGB IX) | Arbeitgeber bei direkter Einstellung | Bis 75 % Zuschuss dauerhaft (max. Werkstattkosten) | Reduziert Bruttolohn drastisch |
Eingliederungszuschuss (§ 88 f. SGB III) | Agentur für Arbeit → Arbeitgeber | Bis 70 % Lohnzuschuss bis 24 (‑60) Monate | Hilft Inklusions‑/Integrationsfirmen ihr Preisniveau zu halten |
Investitionszuschüsse Integrationsamt (§ 217 SGB IX) | Inklusionsunternehmen | 50 %‑Förderung zu Umbau, Maschinen, Fahrzeuge | Niedrigere Abschreibungskosten → günstigere Dienstleistungspreise |
Jobcoaching / Fachdienste | Beschäftigter + AG | Übernahme Coachingkosten, Arbeitsassistenz | Höhere Produktivität ohne AG‑Mehraufwand |
Arbeitsplatzförderung | Betrieb | Zuschuss für barrierefreie Umbauten, Hilfsmittel | Investitionsentlastung |
Rechtlicher Rahmen (kurz)
Beschäftigungspflicht § 154 SGB IX: 5 %-Quote, sonst Ausgleichsabgabe.
Werkstättenverordnung (WVO): Außenarbeitsplätze, Übergangsauftrag.
DIN‑Normen: z. B. DIN 18040 (Barrierefreiheit), branchenspezifische QM‑Normen.
Arbeitsschutz & DSGVO: Gleiches Niveau wie bei anderen Dienstleistern; Verträge regeln Unterweisungen, Verschwiegenheit, Haftung.
Jährliche Vollkosten Eigenpersonal (Standard)
Bereich | Personal‑FTE Vollkosten | / FTE €/a | Gesamt €/a |
---|---|---|---|
Reinigung | 4 | 40 000 | 160 000 |
Grünpflege | 2 | 42 000 | 84 000 |
Post & Kurier | 2 | 38 000 | 76 000 |
Digitalisierung | 2 | 35 000 | 70 000 |
Betriebsgastronomie (Spülküche) | 3 | 34 000 | 102 000 |
Summe | 13 | 492 000 € |
Inklusive Auslagerung (externe Verträge)
Bereich | Dienstleister | Zahl. Personen | Vertragsentgelt €/a | Förderwirkung | Effektive Kosten €/a |
---|---|---|---|---|---|
Reinigung | WfbM‑Gruppe (8 MA + Leiter) | 8 | 120 000 | 50 % Anrechnung (–60 000) | 60 000 |
Grünpflege | InklusionsGaLa‑Betrieb | - | 65 000 | keine Anrechnung, aber Invest‑entlastet | 65 000 |
Post & Kurier | Außenarbeitsgruppe (4 MA) | 4 | 36 000 | Anrechnung Pflichtplätze (–8 000 Abgabe) | 28 000 |
Digitalisierung | WfbM‑Scanservice | - | 48 000 | 50 % Anrechnung (–24 000) | 24 000 |
Betriebsgastronomie | Inklusions‑Catering (Spül & Ausgabe) | - | 80 000 | Lohnzuschuss Integrationsamt (–16 000) | 64 000 |
Summe effektiv | 349 000 | –108 000 | ≈ 241 000 € |
Implementierungsfahrplan (12 Monate)
Monat | Schritt | Ergebnis |
---|---|---|
1 – 2 | Bedarfsanalyse, Gespräche mit WfbM/Inklusionsfirmen | Priorisierte Aufgabenliste |
3 | Angebotseinholung, Kostenvergleich | Partnerauswahl |
4 | Vertragsentwurf, rechtliche Prüfung | unterschr. Vertrag |
5 | Arbeitsplatzcheck, Barrierefreiheit, Materialbereitstellung | Betriebsfreigabe |
6 | Sensibilisierungsworkshop Mitarbeitende | Akzeptanz |
7 | Pilotstart (z. B. Reinigung, 50 %) | Echtbetrieb |
8 | Review Pilot‑KPIs, Anpassungen | Feinjustiert |
9 | Ausweitung auf weitere Bereiche | Skalierung |
10 | Förderanträge (Ausgleichsabgabe‑Anrechnung, Coaching‐Zuschuss) | Bewilligungen |
11 | KPI‑Dashboard live (Qualität, Kosten, Zufriedenheit) | Transparenz |
12 | Management‑Report, Entscheidung Roll‑Out | Dauerbetrieb |
Qualitätsmanagement & KPI
KPI | Sollwert | Messung |
---|---|---|
Pünktlichkeit Dienstleistung | ≥ 98 % | Monatsreport |
Reinigungsqualität (Audit) | ≥ 90 % | Note A Stichprobe |
Fehlerquote Digitalisierung | ≤ 0,5 % | QC‑Protokoll |
Ausfallstunden inkl. Team | ≤ 3 % | Zeiterfassung |
Mitarbeiter- und Gästezufriedenheit | ≥ 4/5 | Umfrage |
Recyclingquote durch inkl. Entsorgung | ≥ 90 % | Stoffstrombilanz |
Nicht‑monetäre Mehrwerte
CSR‑Leuchtturm: Erfüllung mehrerer UN‑SDGs (u. a. 8, 10) – belegbar in Nachhaltigkeitsberichten.
ESG‑Scoring: Höherer Social‑Score und bessere Position in Lieferketten‑Audits.
Employer Branding: Attraktive, vielfältige Arbeitsumgebung → besseres Recruiting & Retention.
Betriebsklima: Gelebte Wertschätzung, höhere Motivation, weniger Fluktuation.
Innovation: Prozessvereinfachungen, Hilfsmittelentwicklung, Diversity‑Kompetenz in Teams.
Fazit
Mit einer strukturierten, externen Vergabe an Werkstätten für behinderte Menschen, Außenarbeitsgruppen und Inklusionsunternehmen kann ein Industrieunternehmen:
in nahezu allen Service‑ und Hilfsbereichen (von Reinigung bis Betriebsgastronomie) inklusive Arbeit verankern,
über 50 % Kosten gegenüber Eigenbeschäftigung sparen,
gesetzliche Pflichten (Beschäftigungsquote, Ausgleichsabgabe) wirtschaftlich erfüllen,
und gleichzeitig sozialen Mehrwert sowie ein starkes ESG‑Profil schaffen.
Entscheidend für den Erfolg sind sorgfältige Partnerwahl, klare Verträge, ein gut gesteuerter Pilot und fortlaufendes Qualitäts‑Monitoring. Auf dieser Basis kann inklusive Arbeit nicht nur gelingen, sondern zu einem Best‑Practice‑Modell für Wirtschaftlichkeit und gesellschaftliche Verantwortung werden.